Fame ist eben alles

Bei mir sind längst die Dämme gebrochen. Die Hormondämme. Nach der großen Pause durchsuche ich die Abi-Zeitung neugierig nach weiteren Fotos von Max und setzte ein sinnliches Lächeln auf. Nur für den Fall, dass er zufällig ins Sekretariat kommt  – vielleicht mit einem Bewilligungsantrag. Oder einem Heiratsantrag. »Ja, ich wäre willig«, flüstere ich vor mich hin, während Melitta mir einen Vogel zeigt. »Verrücktes Huhn!« Zumindest Carina hat Verständnis. »Keine Sorge, Desi, du befindest dich mit deiner Schwärmerei lediglich auf einer Linie mit fast allen Frauen in diesem Raum. Außer denen, die er schon hatte. Wenn Max durch diese Tür kommt, ist hier mehr Östrogen in der Luft als Testosteron in der Umkleidekabine vom BVB – vor dem Derby auf Schalke.« Schwärmerei? Das fühlt sich schon an wie ein Eisprung. Ich möchte in die Luft springen vor Freude! Zwei Tage später stehen wir uns zum ersten Mal am Heiligsten, der Kaffeemaschine im Lehrerzimmer, gegenüber. In meinen Tagträumen allerdings stehen wir fast schon vor dem Traualtar. Soviel Phantasie hat Folgen. »Milchkaffee, Espresso oder einen Latte?«, fragt er freundlich. »Ja, ich will«, sage ich aus vollem Herzen – und sehe in ein extrem verwirrtes Gesicht. »Ja, ich will mich erstmal vorstellen. Ich meine, ich bin Désirée, die neue  …«, versuche ich die Situation zu retten. Sekretärin, ich weiß«, beendet er meinen Satz. 34 »Max Patzke.« Während er mir seine Hand reicht und herzhaft zudrückt, werden meine Knie weicher und weicher. »Welchen Knopf darf ich drücken?« »An der Kaffeemaschine?« »Wo sonst?«, sieht er mich belustigt an. O Boden, öffne dich, denke ich, nuschele etwas von »sowieso zu viel Kaffee«, und verabschiede mich schnell. »Wir sehen uns«, ruft er mir in samtweichem Bariton nach, während der Traualtar mit bombastischem Getöse zusammenbricht. Kaum eine Woche an der Schule und schon benehme ich mich wie ein Teenager in der Hochpubertät.