Sanitäter, Politiker oder C-Prominente – an der Geschwister-Scholl-Schule sind die unterschiedlichsten Menschen unterwegs. Vorerst stelle ich euch jene vor, denen ich in unserem Sekretariat mehr oder weniger täglich begegne.
Melitta Maggi, Sekretärin:
Melitta ist meine neue Kollegin. Wir kennen uns noch nicht lang, allerdings lang genug, um die lebenslustige Frau mit den dunklen Locken und dem hellblauen Liedschatten bereits ins Herz geschlossen zu haben. Schon optisch erinnert sich mich die etwa Mitte-Fünfzigerin an meine Tante Auguste: eins der ewig hippen Hippie-Mädchen, die den Grad an positivem Lebensgefühl erst aus den Siebzigern in das neue Jahrtausend gerettet und dann proportional zum Anstieg ihrer Kleidergröße gesteigert haben. Bunt bis schrill – und auch jenseits der Menopause eine steile Stimmungskanone, vor allem immer für die Sorgen der Schüler da. Wie beschreibt Melitta unseren Arbeitsalltag immer: „Wir haben ja nur zwei Optionen. Entweder wir sterben an Depressionen oder wir lachen uns tot. Ich habe mich entschieden, in welchem Zustand ich hier rausgetragen werden möchte.“
Henriette Hildebrandt-Fricke, Rektorin:
Nach so manchem Arbeitstag brummt mein Schädel wie nach einer Nacht mit Rotwein. Denn an dieser Schule gibt es viele ätzende Personen mit richtig ätzenden Stimmen. Die penetranteste gehört einer passioniert ätzenden Person, meiner Chefin, Oberstudienrätin Henriette Hildebrandt-Fricke. Kurz, die Fricke-Zicke. Die meiste Zeit behandelt sie mich wie eine Leibeigene, bestenfalls noch wie Aschenputtel. Ihre Markenzeichen: übermäßig schlechte Laune, übergroße Handtasche und überall voll „Chanel No 5“. Merke: „Riechst du Chanel, verdufte schnell!“ Für die gute Stimmung in der Führungsetage im zweiten Stock ist eher Konrektor Hornschuch verantwortlich, der sich weniger mit Chanel, dafür mit umso mehr Charme umgibt. Ob wir sie gemeinsam bändigen können?
Max Patzke, Sportlehrer:
Max, blond, groß und trainiert, ist der Traum der meisten Mädchen und Frauen an dieser Schule – mich eingeschlossen. Trotz aller Ärgernisse im Sekretariat versuche ich stets, mit einem sinnlichen Lächeln hinter unserer Theke zu stehen. Nur falls er mit einem Bewilligungsantrag durch die Tür kommt. Oder einem Heiratsantrag. Wenn Max im Lehrerzimmer Platz nimmt, ist dort mehr Östrogen in der Luft als Testosteron in der Umkleidekabine des BVB – vor dem Derby auf Schalke. Nein, das ist keine Schwärmerei. Das fühlt sich bereits an wie ein richtiger Eisprung! Vielleicht wegen der verlogenen Romantikkomödien, die ich mir freitagabends immer reinziehe, wenn die Kinder schlafen. Ja, dieser Mann ist der größte Kick überhaupt! Und ich glaube an die Liebe auf den ersten Blick. Leider war gleich unsere erste Begegnung am Heiligsten der Schule, dem Kaffeeautomaten, ein komplettes Desaster …
Brigitte Schmitz, Schulelternbeiratsvorsitzende:
Brigitte Schmitz ist eine dieser übersättigten Cappuccino-Mütter, die ihre Weisheit in Yoga-Kursen oder an entspannten Wochenenden mit „Schöner Wohnen“ erlangen. Ein Luxus, den sich eine alleinerziehende Mutter wie ich definitiv nicht leisten kann. Madame ist etwa Mitte 40, kurvig und betont frech frisiert. Zumeist stehen ihr die Haare zu Berge. Zum Beispiel, wenn sie den allgemeinen Zustand der Schule beschreibt – ihre Welt, die jetzt irgendwie auch meine ist. Schon nach der ersten Begegnung mit der besserwisserischen Vorsitzenden des Schulelternbeirats bereue ich es, sie nicht mit ihrer Perlenkette erwürgt zu haben. Es wird weitere Gelegenheiten geben…
Marc Lau, Hausmeister:
Wenn du einen guten Partner hast, sind viele Alltagsprobleme schnell wie weggeblasen. Meiner ist der Mann mit dem Laubbläser, Hausmeister Marc Lau. Schnell ist er einer meiner engsten Vertrauten an der Schule geworden. Wie es sein sollte, arbeiten wir quasi Hand in Hand. Er holt das nasse Klopapier aus den Kabinen, ich trage das frische rein. Er greift in die Schüsseln, ich trockne ihm die Hände ab. Ohne meinen Marc wäre ich gelegentlich völlig verloren. Nicht nur, wenn ich auf dem Örtchen während einer Privatsitzung selbst feststellen muss, dass gutes Toilettenpapier Mangelware ist. Marc ist für mich das, was für die Schüler hier die Coolpacks aus dem Gefrierfach sind: ein Allheilmittel!
Carina Hartmann, Deutschlehrerin:
Carina hat die Hoffnung, dass einer ihrer Schüler jemals freiwillig am Debattierwettbewerb teilnehmen wird, aufgegeben. Dafür macht sie es sich ohne Diskussion zur Aufgabe, ihren Kids all das mit auf den Weg zu geben, was ihnen zuhause abgeht. Die robuste Deutschlehrerin, tatsächlich sieht sie mit Lederjacke und Nasen-Piercing aus wie eine Rockerbraut, und ich sind schnell Freundinnen geworden – nicht nur, weil wir unsere gemeinsamen Raucherpausen damit verbringen, minderjährige Kettenraucher zu jagen. Bei den Schülern kommt Carina super an. In der aktuellen Abi-Zeitung wird sie in der Kategorie „Coolste Lehrerin“ immerhin auf dem zweiten Platz geführt. Nur geschlagen von Tatjana Klewe mit dem Killerbusen. Denn die Biologielehrerin mit den unnatürlichsten Brüsten im Dunstkreis von Tschernobyl hat eben schlagende Argumente auf ihrer Seite.
Sandy Schalinsky, Mutter:
Sandy Schalinksy zählt in die Kategorie Eltern, die ständig an die Schule zitiert werden, weil ihre Kinder nie hier auftauchen. Manchmal erscheint Sandy sogar. Wenn sie dann im viel zu kurzen Disco-Mini an unserer Theke lehnt, kommt trotzdem keine Partystimmung auf, zumindest nicht bei Carina. „Sorry, konnte Dirk-Dustin nicht zur Schule bringen. War feiern und kam nicht hoch“, stand auf ihrem letzten Entschuldigungszettel. Naja, immerhin weiß sie den Namen ihres Kindes – und sogar den des Vaters. Das ist hier nicht Standard.
Martha Wiedemann, Konkurrenzrektorin:
Schwester Martha Wiedemann … Allein die bloße Erwähnung der frommen Leiterin der Ursulinenschule um die Ecke hat auf Henriette Hildebrandt-Fricke den Effekt, den Knoblauch auf Vampire hat oder Helene Fischer auf Melitta. So wird die Zeitung jeden Morgen zu einer tickenden Zeitbombe, die zu explodieren droht, sobald sich die Fricke-Zicke den Lokalteil unter die frisch lackierten Nägel gerissen hat. Jedes Mal, wenn der Name Martha Wiedemann irgendwo auftaucht, ist ein Wutanfall vor acht im Nebenzimmer so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn die Ursulinen schneiden nicht nur bei Schülerwettbewerben oder Abitur-Prüfungen regelmäßig besser ab als unsere Schüler, sie verehren ihre Rektorin auch noch. Außerhalb von Dienstgesprächen mit der sympathischen Schwester Martha zu sprechen, gilt bei uns als Hochverrat! Ob ich mich daran halten werde?